Die Jurte – Verbindung zwischen Himmel und Erde
Jurten sind tief verwurzelt in der Kultur der Mongolen, Turkmenen, Kirgisen, Kasachen, Usbeken und anderer Völker Zentralasiens. Obwohl alle Jurten „rund“ sind, gibt es verschiedenste Jurten-Stile, Formen und damit verbunden Bauweisen. Jurte ist also nicht gleich Jurte. Gerne erzählen wir dir hier ein wenig über den Ursprung, die Tradition und über die verschiedenen Jurten-Stile.
Ursprung, Tradition & Bedeutung
Jurten sind runde, traditionelle Nomadenbehausungen, die sich seit mindestens dreitausend Jahren im näheren und ferneren Osten bewährt haben. Sie sind tief verwurzelt in der Kultur der Mongolen, Turkmenen, Kirgisen, Kasachen, Usbeken und einiger anderer Völker. Sie finden sich dort aber nicht nur als ländlich/ärmliche Nomaden-Behausungen, sondern auch als Vorbild großer Tempelbauten, auf Nationalflaggen und in traditionellen Symbolen und Kontexten. In Zeiten des Mogulreiches wurden Jurten auch genutzt, um mobile Städte teils sogar mit regelrechten Jurten-Palästen in deren Zentrum zu errichten. Neben ihrer Mobilität und enormen Stabilität, ist ihr Charme vor allem durch die runde Form geprägt, die ein unnachahmliches Raumgefühl erzeugt.
Die Faszination einer Jurten liegt wahrscheinlich in erster Linie in ihrer Formsprache. Die runde Form ähnelt einem Mandala und strahlt – egal ob bewusst oder unbewusst – eine außerordentliche Wirkung auf unser Gemüt aus. Der runde Raum wird zu einem Ort, an dem es leichtfällt, innerlich zur Ruhe zu kommen, wo die Seele aufatmet, an dem sich alles einem großen Ganzen hingibt. Nicht zuletzt deswegen sind Jurten zunehmend als Seminar- und Therapieräume, als Räume der Stille oder auch als festliche Veranstaltungsräume beliebt. Auch Waldkindergärten und andere naturnahe Bildungseinrichtung nutzen Jurten gerne und immer öfter als sicheren, warmen Ort, der eine ganz besondere Geborgenheit auf Kinder und Erwachsene ausstrahlt.
Auch dies fußt auf der Natur-Spiritualität der Indigenen Völker. Unten das Lagerfeuer, dass seine lodernden Flammen und Funken Richtung Himmel schickt. Und oben das offene Dach, der Blick ins unenedliche Himmelszelt. Tatsächlich waren es solche Momente für mich, Angelika, die mich mit den runden Zelten tief verbunden hat, noch ehe ich mir vorstellen konnte, je selbst welche zu bauen: magische Momente in Tipis und Jurten, vor allem beim gemeinsamen Singen. Momente, wo sich das ganze Zelt in einen heiligen Raum verwandelt. So als ob die runde und nach oben strebende Form des Zeltes zu einem Tor zu etwas Größerem, einem Tor in einen offenen, ewigen Raum wird.
Stile – Jurte ist nicht gleich Jurte!
Obwohl alle Jurten „rund“ sind, gibt es verschiedenste Jurten-Stile, Formen und damit verbunden Bauweisen. Jurte ist also nicht gleich Jurte. Die Konstruktion der Jurte besteht im Wesentlichen aus den geknoteten Scherengitter-Wänden, eine Tür, einem Dachkranz sowie den darin steckenden und mit den Scherengittern verbundenen Dachstangen. Je nach Land und sogar Region unterscheiden sich die Jurten in ihrer Konstruktion und Formensprache, insbesondere in der Bauweise des Lichtkranzes, der Form der Dachstangen und der Dachneigung. Die Dachstangen beispielsweise können gerade, gebogen, stark gebogen oder sogar s-förmig sein. Auch weisen Jurten aus Ländern, in denen es zu starken Schneefällen und damit einer hohen Schneelast kommt, eine steilere Dachneigung auf. Freilich damit der Schnee besser vom Jurten-Dach gleiten kann.
Gerne stellen wir dir im Folgenden zwei Jurten-Stile vor, die sich in Europa etabliert haben und die bei uns wohl am bekanntesten sind: den mongolischen und den turkmenischen Jurten-Stil.
Die mogolische Jurte
Die mongolische Konstruktion und Bauweise der Jurte ist sicherlich die in Deutschland am bekannteste. Die mongolische Jurte verfügt über gerade Dachstange – im Vergleich zu den gebogenen Dachstangen des turkmenischen Jurten-Stils. Der Dachkranz oder auch Lichtring wird traditionell und ebenso hierzulande von zwei Mittelstützen getragen. Immer öfter sieht man aber auch mongolische Jurten, die ohne Mittelstützen gebaut werden. Mongolische Jurten weisen meist einen flacheren Dachwinkel auf als die turkmenischen. Dadurch sind sie deutlich niedriger, und haben am Rand üblicherweise keine Stehhöhe. Es ist aber natürlich auch möglich, die Höhe der Scherengitter individuell anzupassen. Für ein authentisches Raumgefühl und stimmige Proportionen allerdings würden wir da nicht übertreiben wollen. Mongolische Jurten sind eher niedrig gemeint und haben dadurch ihren spezifischen Charme.
Traditionell sind jedoch auch bei diesem Stil die Wandleisten und damit die Scherengitter gebogen. Mehr über das Biegen von Jurten-Holz, die Gründe dafür und wie wir unsere Jurten bauen erfährst du hier.
Die turkmenische Jurte
Die Jurtenform, die wir vorrangig anbieten, kommt der turkmenischen traditionellen Form am nächsten. Sie folgt zwar den gleichen Bauprinzipien wie der mongolischen Jurten verfügt jedoch eine mittelstarke Krümmung am unteren Ende der Dachstangen und einen vergleichsweise leichten, formverleimten Dachkranz. In Großbritannien hat sich diese Jurtenform seit über 20 Jahren etabliert und ist neben der mongolischen „Ger“ mit geraden Dachleisten die häufigste Jurtenform. Vielleicht sogar die häufigste.
Unser Herz schlägt für die turkmenische Jurtenform! Wir lieben den besonders festlichen Charme, der vor allem durch gebogene Dachleisten zustande kommt. Das ohnehin schon „runde“ Gefühl der Jurten wird durch die gewölbte Dachkuppel noch „runder“. Praktische Vorteile ergeben sich dabei auch, vor Allem durch die Stehhöhe am Rand der Jurte, die durch die gebogenen Dachstanden zustande kommt. Zudem braucht diese Jurtenform keine Mittelstützen, weil sich die Kräfte anders verteilen, das heißt die Mitte der Jurte ist frei nutzbar. Und wer sich schonmal mit Brückenbau oder überhaupt mit der Statik von Bögen beschäftigt hat, kann auch nachvollziehen, dass die gebogenen Dachleisten sogar statisch einen Vorteil haben, wenn Kräfte von außen auf die Jurte einwirken, wie Schnee, Sturm oder sogar herunterfallende Äste.